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Die Zukunft der Waldorfpädagogik

Die Waldorfpädagogik hat nur dann eine Zukunft, wenn es genügend Menschen gibt, die sich auf ihr Wesen besinnen und an einem völligen Neubeginn arbeiten.

"Sie selbst als Lehrer der Waldorfschule werden sich immer mehr in die Durchschlagskraft des Geistes hineinfinden und die Möglichkeit finden, alle Kompromisse beiseite zu lassen. [...] Wir müssen auch innerlich, dem Gemüte nach, tatsächlich Anthroposophen sein im tiefsten Sinne des Wortes als Waldorflehrer [...]"
Rudolf Steiner, 24.7.1920.

"Ohne das wird unsere Waldorfschule nur eine Phrase bleiben."
Rudolf Steiner, 17.6.1921.


Die Waldorfpädagogik (wenn sie diesen Namen zu Recht tragen soll) hat nur dann eine Zukunft, wenn es genügend Menschen gibt, die sich auf ihr Wesen besinnen.
Diese Menschen müssten sich zu einem Netzwerk zusammenschließen und an einem völligen Neubeginn arbeiten.

In der heute existierenden Waldorfbewegung werden die wenigen tief mit der lebendigen Anthroposophie verbundenen und tief strebenden Waldorflehrer "aufgesogen" – sie stehen in ihren Kollegien in der Regel allein, werden mit ihren Mahnungen (wenn sie diese noch wagen) nicht gehört, ihre Kräfte bleiben gelähmt, können sich in der eigenen Schule nicht entfalten, sich nicht mit Gleichgesinnten verbinden...

Die Zukunft der Waldorfpädagogik hängt aber ganz von diesen wenigen Menschen ab, die ihren Ursprungsimpuls und ihr eigentliches Wesen nicht der allgemeinen Verständnis- und Willenslosigkeit opfern möchten, sondern deren ganze Sehnsucht danach geht, das Ideal wahrhaftig zu verwirklichen. Diese Menschen müssten sich zu einem Netzwerk zusammenfinden, um sich gemeinsam mit aller Kraft dem wahren Ideal – und damit wahrhaft den Kindern und Jugendlichen – zu widmen.

Für diese Menschen hat Mieke Mosmuller ihr Buch "Eine Klasse voller Engel. Über die Erziehungskunst" geschrieben und an sie wendet sie sich, wenn sie am Ende schreibt [>> ausführliches Zitat]:

Bedingungen für eine Zukunft der Waldorfpädagogik

So, wie die Pädagogik, die Rudolf Steiner initiiert hat, heute angewendet wird, kann sie nur zugrunde gehen. [...]

Wenn man die Waldorfpädagogik zur Auferstehung führen will, dann

- muss zuallererst das Wesen der Auferstehung immer wieder und wieder darum gebeten werden, mit aller Kraft,
aller Intensität, aller Sehnsucht, aller Überzeugung des Ideals, die der Mensch aufbringen kann. Ein Flehen muss es sein, ein Bitten, ein Fragen. Das können natürlich nur diejenigen tun, die eine lebendige Verbindung mit diesem Wesen empfinden, sei es als Glauben, sei es als Wirklichkeit.

- muss es zweitens eine Anzahl von Lehrern und Lehrerinnen geben, die sich ernsthaft auf den Weg der Verwandlung des Denkens begeben haben. Die Chance, dass es diese überhaupt gibt, wird viel, viel größer werden, wenn die Lehrer so ausgebildet wurden, wie es hier beschrieben wurde. Bis heute gibt es meiner Wahrnehmung nach keinen einzigen Lehrer, der durch und durch versteht, was gefordert ist und der diesen Forderungen auch gerecht zu werden versucht. Keinen einzigen. Wenn ich mich irre, mache ich mehr als gerne Bekanntschaft mit diesem Menschen. Bin ich denn allen Lehrern begegnet? Selbstverständlich nicht. Die richtige Umwandlung, wenn sie auch nur bei einem Lehrer Platz greifen würde, wäre ein Keim, ein Sauerteig. Das ganze Wesen der Pädagogik würde dadurch anders werden – heute dagegen verfällt sie immer mehr. Es geht nicht um aufrichtige Schüler der 'Philosophie der Freiheit'. Es geht um eine tatsächliche Verwandlung, die auf einem inneren Tun beruht, wobei die übliche innerliche Blickrichtung (vom Zentrum zur Peripherie) sich völlig umkehrt: Die Welt wird im Selbst(-Erleben) angeschaut [siehe Mieke Mosmuller: Der Heilige Gral. Occident, 2007].

- muss die Waldorfpädagogik sehr streng nur für das Kind, für das Erziehen des Kindes da sein und nie für sich selbst. Zur heutigen Waldorf-Gewohnheit gehört, dass die Waldorfpädagogik einen eigenen Egoismus entwickelt hat, dass sie für sich etwas sein will, während sie sich in die Erziehung an sich entäußern sollte. Ohne wahre Waldorfpädagogik kann die Menschheitsentwicklung nicht weiterkommen – das steht fest. Mit dieser Feststellung muss sie aber vollständig in sich befriedigt sein und dann ganz in die Kraft und Gestaltung der realen Erziehung ausfließen. Die richtige optimale Entwicklung des Kindes ist das Ideal, und dies der einzige Besitz der Waldorfpädagogik. Ein Sich-Zubereiten für die Erfüllung mit diesem Ideal muss während der Ausbildung zum Lehrer erstrebt werden. Diese Erfüllung wirkt dann als Liebe zum Kind und seinem Schicksal.

- Daraus geht hervor, dass die ganze Lehrtätigkeit sich nur auf das richtige Werden richten soll, sowohl auf das Werden der eigenen Tätigkeit, als auch auf das Werden der Erziehung. Pantha rhei, ohne andere Zielsetzung als das 'Hüten der Fährte'.

- Zwei Seiten hat der Lehrer: In stillen Stunden arbeitet er hart an sich, im übrigen Leben vergisst er sich völlig – auch in der Lehrerkonferenz. Das Arbeitsfeld – das Kind – ist der Altar, wo die Selbstbezogenheit geopfert wird. [...]

(Mieke Mosmuller, Eine Klasse voller Engel, S. 370ff).


Wer diese Worte von Herzen bejaht und entschlossen nach ihrer Verwirklichung streben will, der möge gemeinsam mit Gleichgesinnten an der Auferstehung der wahren Waldorfpädagogik arbeiten!

>> Zum Netzwerk.

Weitere Texte und Aufsätze

Siehe auch "Vom Wesen der Pädagogik": Bedingungen wahrer Pädagogik, Vom Wesen der Waldorfpädagogik sowie Zitate Rudolf Steiners über ... Pädagogik | Anforderungen an den Lehrer | Reines Denken | Begeisterung | Wahrhaftigkeit | Jugendpädagogik | Konferenz und Harmonie.


Von der Auferstehung der Waldorfpädagogik (Buchbesprechung "Eine Klasse voller Engel").
Entgegnung auf die haltlosen Einwände gegen "Eine Klasse voller Engel". 

Sexualkunde oder Rettung des Seelischen? (2014).
Waldorfschule im 22. Jahrhundert. Ein Ausblick auf die Mission der Waldorfschule jenseits aller Pragmatik und Oberflächlichkeit (2014).
Von den Doppelgängern zur Anthroposophie. Eine Eltern-Lehrer-Begegnung (2014).
Aussagen verschiedener Menschen der Waldorfbewegung zur Zusammenarbeit von Eltern und Lehrern (2013).
Vom Wesen und den Bedingungen einer Eltern-Lehrer-Konferenz (2011).
Der Tod am Bettende. Oder: Das Drama der zwei möglichen Richtungen des Willens (2011).
Das Geheimnis der Liebe und die Not (auch) der Waldorfschulen (2010).
Zusammenarbeit und Begeisterung - keine Waldorfpädagogik ohne diese beiden (2010).
Schule als Ersatz für überforderte Elternhäuser? oder: vom Auftrag einer Waldorfschule [am Beispiel Internet] (2010).
Gemeinschaft - die größte Frage unserer Zeit (2010).
Wieviel Steiner braucht die Waldorfschule? Oder: Der einzige Weg zum Wesen des Kindes. Gedanken nach einem Seminar mit Mieke Mosmuller (2010).
10 Fragen zur Gewissensprüfung der Waldorfschulbewegung (2009).
Von der Aufgabe der Moral in der Erziehung
(2010).
Der Weg in die Welt und zum wahren Selbst
für die Kinder, für den Lehrer (2009).
Waldorfpädagogik - eine Gesinnungspädagogik (2009).
"Jede Erziehung ist Selbsterziehung" (2009).
Von der Notwendigkeit und dem Wesen des reinen Denkens (Rudolf Steiner, GA 217).
Polarisierung und Spaltung? (2009).
Gedanken zur Zukunft der Waldorfschulen (2008).
Vom Urvertrauen der Jugendlichen in die Wahrheit (2008).
Michaelische Gedanken für die Waldorfschule (2009).
Über die Widersachermächte und das Ernstnehmen Michaels (2009).
Die Frage Michaels und der Kinder (2009).
Was hat Michael mit unserer Schule zu tun? (2007).