Reaktionen auf "Eine Klasse voller Engel" (Langfassungen)

Hier finden Sie Reaktionen auf das Buch "Eine Klasse voller Engel. Über die Erziehungskunst" von Mieke Mosmuller. | > Zurück zu den Kurzfassungen.

Übersicht

16.09.09: "Das aktuelle Buch über (Waldorf)Pädagogik" (Michiel Suurmond).
03.09.09: "kann kaum klarer ausgeführt werden, als es die Autorin beispielhaft tut" (Markus Steenbock).
26.08.09: "Etwas Vergleichbares ... noch nicht veröffentlicht" (Dieter Centmayer).
23.08.09: "Ohne echte Verinnerlichung wirkt es nur aufgesetzt".
04.07.09: "Urgrund des Widerstandes die Angst vor dem Geist" (KlausMaria Freydank)
23.06.09: "Schöne neue Gebäude, aber kein Inhalt mehr".
05.06.09: "Diese Besinnung wird immer notwendiger".


16.09.09: "DAS aktuelle Buch über (Waldorf)Pädagogik"

Wie unterscheidet man anthroposophische Geistesforscher von Pedanten und Scharlatanen, aber auch von ‘bloßen‘ Steiner-Interpreten? Leicht zu beantworten ist diese Frage nicht. Aber versuchsweise könnten wir zunächst den Pedanten, den Scharlatan und den Interpreten in uns selbst aufsuchen. Und? Erkennen wir sie da und dort auch in Schriften wieder? Oder manchmal auch - und dann wird es interessant - gerade nicht...?

Zweitens gibt es einen subtilen Vorgang, auf den u.a. der am 2. September diesen Jahres verstorbene Ernst Katz aufmerksam gemacht hat. Im Vortrag ‘The mission of Rudolf Steiner‘, 2004 in Detroit gehalten, sagte dieser niederländisch-amerikanische Anthroposoph in Bezug auf Rudolf Steiner:
‘A [...] characteristic that permeates all of anthroposophy can be found by observing one's own reaction of feelings when one is exposed to any aspect of it. To understand what I mean here requires subtle self-observation. One can then feel in all of Rudolf Steiner's works – whether they be philosophical, esoteric, artistic; whether they be buildings, sculptures, paintings, discourses about history, science, medicine, agriculture, education, or what have you; in short, in everything that he placed into the world – a slight inner pull that tends to loosen one's being from one's physical body. This effect is particularly pronounced when one watches a good performance of classical eurythmy. This characteristic is typical for the work of a Great Initiate.‘

Eben diese Empfindung ist eine solche, die man bei unbefangenem Studium der Bücher von Mieke Mosmuller spüren könnte.
Frau Mosmuller selbst schreibt in Eine Klasse voller Engel. Über die Erziehungskunst, sie habe den Versuch gewagt, sich…
‘zum Geist der Waldorfpädagogik zu erheben und von ihm aus die Worte zu suchen, um auszudrücken, wie eine freie Pädagogik sich im 21. Jahrhundert zu gestalten hätte.‘ (S. 20)
Vergebens wird man sich anderswo nach einem ‘gelungeren‘ Versuch umsehen.

Eine Klasse voller Engel ist also ein reiches Buch. Der Nuance, der Dialektik und des Gleichgewichtes wegen seien hier, in diesem Kommentar, keine Einzelheiten hervorgehoben – nur eine ganzheitliche Wiedergabe würde dem Buch gerecht werden, oder eigentlich doch auch nicht: allein gemeinsames Studium des Werkes, lebendige Gespräche darüber und die Verwirklichung - immer werdend, immer werdend - der geschilderten Ideale.
Ob es nun Abschnitte über das lernende Kind betrifft, oder über richtige Vorgänge in der Lehrerkonferenz, oder über die (riesigen) Gefahren der Kinderbesprechung, oder über die ideale Ausbildung der Waldorflehrer usw., Eine Klasse voller Engel ist das aktuelle Buch über die (Waldorf)Pädagogik. Es zeigt uns den Weg, auf dem wir weitergehen sollten, genauer: den Weg, den wir ernsthaft und voller Mut und Freude einschlagen sollten. Und wie alle wirklichen anthroposophischen Schriften wirkt das Buch als ein kräftiger Aufruf zur Selbsterziehung.

Michiel Suurmond; Historiker, Waldorflehrer, Amsterdam

03.09.09: "kann kaum klarer ausgeführt werden, als es die Autorin beispielhaft tut"

Wie es um die Waldorfschulen steht, werde ich außenstehender Beobachter nur eingeschränkt beurteilen können. Das, was sich da als Reaktion auf Mieke Mosmullers Buch an unterschwelligen Problemen offenbart, weckt in mir aber dennoch den Wunsch, etwas der Sache zuliebe, um die es hier geht, beizutragen.
Walddorfschüler bin ich nicht gewesen. Bis vor drei Jahren hatte ich auch von der Anthroposophie nicht gehört. Was ich hier anführe, ist meine persönliche Erfahrung, die ich allem voran den Schriften Rudolf Steiners zu verdanken habe.
Ohne pädagogische Kenntnis bin ich etwa Mitte Dreißig überraschend zum Vater zweier kleiner Kinder geworden, welche aus schwierigen Familienverhältnissen zu mir kamen. Der Anthroposophie begegnete ich ebenso plötzlich. Mir wurde klar, dass, wenn irgendein Wahrheitsgehalt in ihr lag, auch eine Möglichkeit da sein muss, einen prüfbaren Weg zu ihr zu finden und daran zu wachsen. So versuchte ich mir zunächst die pädagogischen Schriften Rudolf Steiners zu erarbeiten. Aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse und der praktischen Umsetzung konnte ich allmählich eine sehr positive Entwicklung an den Kindern beobachten, die mir vorher aus Unkenntnis dieser Menschenkunde selbst hervorzubringen unmöglich gewesen wäre. Ich staune, wie gesetzmäßig aber beweglich diese Pädagogik doch ist. Ich bin durch meine Erfahrungen überzeugt davon, dass in aktuellen Erziehungsfragen und Problemen die Grundlagen, welche in den Anfängen der Waldorfpädagogik von Rudolf Steiner gegeben worden sind, noch immer, oder gerade heute ihre erfolgreiche Anwendung finden können, sofern man bereit ist, zu ihrem wahren Wesen vorzudringen.
Dringe ich schließlich zu diesem eigentlichen Kern vor, so erlebe ich, wie sich aus ihr das Richtige schöpfen lässt und für jede noch so ungewohnte neue Lebenssituation anwendbar wird.
Der Wunsch bzw. die Notwendigkeit, die Waldorfpädagogik aus ihrem lebendigen Wesensgrund heraus mitzubewegen oder reformieren zu wollen, ist ein ganz anderer, als aus der abstrakt äußerlichen Anschauung, die diese Pädagogik bloß auf eine modellhafte und verstandesmäßige Weltanschauung reduziert, was sie zuallerletzt sein will. Erschließen tut sie sich mir tatsächlich nur dann, wenn ich mich aus der weltanschaulichen Vorstellung erhebe und sie zum eigenen erfahrbaren Erkenntnisweg mache. Was die Pädagogik notwendigerweise zum Erleben führen kann und was es heute dazu braucht, kann kaum klarer ausgeführt werden, als es die Autorin in ihrem Buche „Eine Klasse voller Engel“ beispielhaft tut.
Der bloße äußere Schein einer Pädagogik, die nicht in ihrer tatsächlichen Gestalt dahinter verwirklicht wird, birgt in sich die große Gefahr, auch in bester Absicht, sich vom eigentlichen Sinn und Zweck unbemerkt in das Gegenteil zu verlieren, wodurch wesengemäß etwas anderes an die Stelle des Richtigen treten muss.
Es scheint mir erst dann angebracht, von Waldorfpädagogik zu sprechen, wenn der angehende Lehrer mehr als bloß Interesse für die Erfahrung des Übungsweges im reinen Denken aufbringt und er sich ebenso meditativ in die Allgemeine Menschenkunde hineinarbeitet sowie eine tätige christliche Haltung verinnerlicht, die, wenn nicht bereits vorhanden, sich gerade auf Grundlage der Inhalte der Geisteswissenschaft vertiefen wird.
Markus Steenbock, Bundesamt für Seeschifffahrt, HH

26.08.09: "Etwas Vergleichbares ... noch nicht veröffentlicht"

Ein ernster Blick auf die Waldorfpädagogik

Waldorfpädagogik ist ohne lebendig und aktiv empfundene und erarbeitete Anthroposophie nicht denkbar.
Gehört doch die "Allgemeine Menschenkunde" zu den anspruchsvollsten anthroposophischen Inhalten. Die Menschenkunde kann sich in der Seele nur entfalten, wenn sie auf einen geisteswissenschaftlich vorbereiteten und ständig gepflegten Boden fällt. Rudolf Steiner sprach davon, dass man Menschenkunde aufnehme, sie meditiere und dass dann aus der Seele die rechten Eingebungen für den Unterricht quellen.
Dieses wurde und wird nicht immer in der Waldorflehrerschaft mit dem nötigen Ernst empfunden. Die Tragik, die diese Tatsache für die heutige Situation der Waldorfschulen bedeutet, hat die holländische Ärztin und Autorin Mieke Mosmuller veranlasst, das Buch "Eine Klasse voller Engel" zu schreiben.
Darin wendet sie sich an diejenigen, die Rudolf Steiners ureigentliches pädagogisch-geistiges Anliegen ernst nehmen und in seinem Sinne Waldorfpädagogik verwirklichen wollen. Sie sieht, dass die schon von Steiner geschilderte Gefahr, dass das Anthroposophische durch das intellektuelle Denken – auch in den Seelen gut meinender Anthroposophen – zu erstarren und ersterben droht, in starkem Maße eingetreten ist.

Schon in der Ausbildung zum Waldorflehrer nehmen nach ihrer Erkenntnis die Studierenden pädagogische und geistige Inhalte so auf wie andere Wissensinhalte auch. Meist seien die Fähigkeiten für einen lebendigen Umgang mit diesen Wissensinhalten noch gar nicht entwickelt und auch später im aktiven Berufsleben würden diese Fähigkeiten nicht mehr ausreichend ausgebildet.
Mieke Mosmuller entwickelt deshalb in diesem Buch Methoden und Inhalte, die in der Waldorflehrerausbildung hinzu kommen oder verstärkt werden müssen, damit die Seelen der Studierenden die nötigen Empfindungsfähigkeiten entwickeln, bevor anthroposophische und menschenkundliche Inhalte an sie herangebracht werden.
Als Ausgangspunkt nimmt sie z.B. die Notwendigkeit, dass zunächst die Stimmung der Ehrfurcht entwickelt werden solle:
„Die erste Qualität der Seele, diese wunderbare Fähigkeit, die erweckt werden muss, liegt in unserer Zeit tief in der Seele verborgen. Meistens ist sie gar nicht da, scheint nicht angelegt zu sein... Es ist die Stimmung, die in „Wie erlangt man....“ als Grundstimmung gefordert wird, als erste Bedingung. Es ist die Stimmung der Ehrfurcht, … Wer Kinder erziehen will, muss den Pfad der Verehrung gegangen sein....“ (S.33)

Mit klarer, bewusster, geistgetragener Begrifflichkeit und Gedankenführung entwickelt Frau Mosmuller ein umfassendes Bild einer Waldorf-Lehrerausbildung und betrachtet mit konsequenter Urteilskraft Symptome heutiger Waldorfpädagogik. Etwas Vergleichbares wurde bisher aus anthroposophischer Gesinnung heraus nach meiner Kenntnis noch nicht veröffentlicht. Jedem Waldorflehrer, der mit Sorge auf die heutige Situation in den Lehrerkollegien blickt und dem die Zukunft der Waldorfpädagogik am Herzen liegt, sei es empfohlen, dieses Buch zu lesen und selbstkritisch die Inhalte zu bewegen.

Dieter Centmayer, Waldorflehrer und Dozent in der Lehrerausbildung

23.08.09: "Ohne echte Verinnerlichung wirkt es nur aufgesetzt"

Wenn man zig Jahre das Gleiche praktiziert und plötzlich alles in Frage gestellt wird, kann ich eine gewisse Entrüstung verstehen. Wenn sich aber die erste Aufregung gelegt hat, sollte man in der Lage sein, sich objektiv mit den Argumenten für oder gegen etwas auseinander zu setzen. Erst dann ist im Grunde genommen ein Urteil möglich. Schade, dass sich viele Menschen gleich in ihrer Person angegriffen fühlen.
M. und ich haben mittlerweile mit einigen anderen Menschen gesprochen, die mal Kinder auf der Waldorfschule XX hatten oder noch haben. Es war erschütternd zu erfahren, dass die meisten Erfahrungsberichte eher negativ waren! Da hatten oft die Lehrer die Klasse einfach nicht im Griff (die Kinder beschäftigten sich beispielsweise lieber mit PC-Spielen, als dem Unterricht zu folgen). Diejenigen, die was lernen wollten, wechselten dann ins Gymnasium, so dass die Klasse nur aus lernunwilligen Schülern bestand. Auch die Klassengröße wurde kritisiert – auf lernschwache Kinder kann nicht gesondert eingegangen werden und diejenigen, die pfiffig sind und den anderen voraus, langweilen sich.
Eurythmie ist irgendwann für die Jungs ein Reizfach, ständig fallen wegen Krankheit der Lehrer ganze Unterrichtstage aus, und und und…Es war wirklich erschütternd zu hören, wie unzufrieden und genervt viele „Ehemalige“ waren, die dann die Schule gewechselt haben. [...]
Selbst M. hat in der Zwischenzeit mit dem einen oder anderen Punkt so seine Probleme und hätte es am liebsten, wenn XX in die Regelschule wechselt. [...]
Insgesamt finde ich auch, dass die meisten Lehrer zwar bemüht sind, die gelernte Methodik der Waldorfpädagogik anzuwenden, aber ohne jede echte Verinnerlichung wirkt es nur aufgesetzt, auswendig gelernt. [...]
Ich hoffe nur, dass Mieke Mosmullers Buch doch noch die gebührende Beachtung findet...
A.R.

04.07.09: "Urgrund des Widerstandes die Angst vor dem Geist"

Vielen Dank für Ihren Aufsatz. Ihren 'Entgegnungen...' ist ja nichts hinzufügen, denn sie sind stimmig und im Grunde zeigen Sie auf, dass der Urgrund des Widerstandes gegen das Buch von Frau Mosmuller die Angst ist, die Angst vor dem Geist und dem Anerkennen seiner Realität. Da helfen auch noch so ausgeklügelte Worthülsen der 'Kritiker' des Buches nicht darüber hinweg, denn diese tun ja das nicht, was Sie am Ende Ihres Aufsatzes schreiben:
"Mieke Mosmullers Buch braucht keine schnellen Leser. Es braucht beim Lesen die rechte Gesinnung – Unvoreingenommenheit, Wahrhaftigkeit, eine Liebe zum lebendigen Geist, zur Anthroposophie, Liebe zum Wesen des Kindes und des Menschen. Wenn man diese Gesinnung in sich aufrufen und wirklich lebendig machen kann, wenn man alle Vorurteile und alles "Gewusste" einmal beiseitelassen kann und dann wirklich liest, erlebend liest – dann entdeckt man Seite für Seite ein Buch, das zum Wesen des Kindes hinführen will und auch wirklich hinführt."
Um das Wesen des Kindes geht es und um nichts anderes! Weil das so ist, sind auch die Angriffe so massiv, denn wohin richten die Widersacher ihr heutiges Augenmerk. Sie richten es gerade auf dieses Wesen. Es soll nicht nur nicht wahrgenommen, erkannt werden (Verschleierungstaktik). Es soll in Gefangenschaft genommen, es soll verkrüppelt – ja es soll zerstört werden. Das ist die Stoßrichtung, die immer deutlicher und deutlicher wird. Für den, der es sehen will.
Dieses Erleben habe ich schon seit einer geraumen Weile und es ist immer stärker in den vergangenen Jahren geworden. Urbild für dieses 'Verbrechen an den Seelen der Kinder' ist für mich das 'Kaspar-Hauser-Schicksal'. Nun nicht mehr an einem einzelnen vollzogen, sondern weltweit gerichtet gegen alle Kinderseelen.
Eine Auflistung der Symptome dieses Prozesses würde Seiten füllen. Die Tragödie ist aber, dass die einzige Bewegung, die dem etwas entgegenstellen könnte, die Heilendes in die Welt bringen könnte, in großen Teilen sich daran beteiligt.
Das ist doch das Anliegen von Frau Mosmuller darauf aufmerksam zu machen ('Ändert Euren Sinn'), auch wenn Sie es nicht so direkt, in dem oben gesagten Sinne, ausspricht. Nun hat sie aber den Schleier angehoben und das Christus-Licht fiel auf das, was sich verborgen wähnte.
KlausMaria Freydank

23.06.09 "Schöne neue Gebäude, aber kein Inhalt mehr"

[...] Zwar bin ich Waldorfkindergärtner, habe aber die Waldorfschule XX mitbegründet (Als Vater, Mitarbeiter und Vorsitzender des Schulvereins), den Hortverein ins Leben gerufen, den Hort aufgebaut und als Ein-Mann-Einrichtung drei Jahre geführt und geleitet. In den Jahren danach lebten meine Frau und ich in einer anthroposophischen Dorfgemeinschaft, waren dann in einer Heimsonderschule am Bodensee tätig und anschließend war ich vier Jahre Hortner an der Waldorfschule YY. Ein Grund dort aufzuhören und meinen Beruf vielleicht sogar ganz aufzugeben, waren eben jene Erscheinungen, die damals schon anfingen, die sie in ihrem Beitrag auf Ihrer Webseite beschreiben. [...] Um alles wurde sich gekümmert, aber 'Allgemeine Menschenkunde' - o Gott, o Graus! Nahm man den Namen Rudolf Steiners in den Mund, dann war es schon fast ein Sakrileg. Hüllenbildung fand statt: Schöne neue Gebäude, aber kein Inhalt mehr. Aber das, Herr Niederhausen, fand ich ebenso in den Camphilleinrichtungen, in den anthroposophischen Einrichtungen der Sozialtherapie und Heilpädagogik, in den Waldorfkindergärten. Ein Niedergang. Nichts hat sich geändert und alles ist noch schlimmer geworden. Zumindest in den westeuropäischen Ländern, besonders vielleicht sogar in Deutschland.

Aber wissen Sie, natürlich wissen Sie es, in den östlichen Ländern, da geschehen andere Dinge, da besinnen sich die Menschen wieder auf den Ursprung und sie wissen, dass sie damit Zukunft schaffen. Dort erlebe ich Zukunft. Ich schicke Ihnen als Anhang den Bericht einer Camphill-Gemeinschaft in Ungarn. Mir traten die Tränen in die Augen, als ich ihn las. Es gibt sie, es gibt die Menschen, die das tun, was ich schon seit Jahrzehnten immer wieder und immer wieder angemahnt habe. Wofür ich ausgelacht, verspottet und angefeindet wurde. Die 'Parzival-Frage' wurde dort gestellt und sie wurde gehört. Die Menschen änderten ihren Sinn.
Die Frage lautete: "Müssen wir unbedingt diese [staatlichen] Vorschriften erfüllen? Warum kämpfen wir für etwas, wovon wir wissen, dass es nicht gut für uns ist?" und sie fanden die Antwort darauf: "Lieber arm aber frei, als reich aber tot!".

[...] Schon im Jahre 1985 sagte Stefan Leber, in einem Gespräch, das wir beide hatten, sinngemäß zu mir: "Ach, wissen Sie, Herr F., wenn ich so durch Deutschland fahre und mir die Waldorfschulen ansehe, dann könnte man an 80% der Schulen das Schild 'Waldorfschule' entfernen und 'Reformschule' oder 'Waldorforientiert' oder so ähnlich anbringen, das wäre dann wahrer." Wie viele WS gab es zu dieser Zeit und wie viele gibt es heute und sie nennen sich immer noch 'Waldorfschule' oder 'Rudolf-Steiner-Schule' oder...oder...und was noch schlimmer ist, sie nennen sich 'frei'. Das ist die größte Lüge. [...]

F.

05.06.09: "Diese Besinnung wird immer notwendiger"

Vielen Dank für die Buchempfehlung "Eine Klasse..." von Mieke Mosmuller! Ich habe sie also erhalten und mich sehr gefreut, dass Frau Mosmuller nun auch direkt der Waldorfbewegung wieder die Gelegenheit gibt, sich auf die eigentliche "Quelle" zu besinnen.
Diese Besinnung wird immer notwendiger, wie ich selbst ja gerade ganz konkret in der letzten Zeit erfahren habe. Hätte ich mein "Köpfchen" gebeugt und hätte ich brav gewisse aus meiner Sicht absurde Entwicklungen mitgemacht, dann wäre auch ich jetzt noch ein "lieber Kollege". Doch es ist schon alles gut, denn wie sich das Kollegium fast geschlossen nach meinem Weggang benommen hat, das bestätigt mich in meinem Entschluss. Immerhin gab es kräftig Rückendeckung von Schüler- und Elternseite, und zwei weitere Kolleginnen haben (mehr oder weniger aus Solidarität) ebenfalls gekündigt... [...]
B.