Rudolf Steiner

Es gibt verschiedenste äußere Beschreibungen von Rudolf Steiner und insbesondere seiner Wirksamkeit. Rudolf Steiner selbst hat mit "Mein Lebensgang" eine Art Autobiographie geschrieben.
Seinem Wesen nähert man sich vor allem durch ein wirkliches Verständnis der von ihm begründeten Anthroposophie und über Schilderungen von Menschen, die ihn persönlich erlebt haben. Diesen zweiten Zugang bietet ein 2007 erschienenes Büchlein von Peter Selg, aus dem unten einige Zitate wiedergegeben sind. 

Vom Wesen Rudolf Steiners

Einen wunderbaren, tiefen Zugang zum Wesen Rudolf Steiners und seiner Anthroposophie gibt das folgende Buch:

"Der lebendige Rudolf Steiner. Eine Apologie" von Mieke Mosmuller. Occident Verlag, 2008 (244 S., 18,50€). >> Buchbesprechung | Bestellen.

Rudolf Steiner - persönlich erlebt

Zitate aus: Peter Selg: Rudolf Steiner zur Gestalt eines geistigen Lehrers. Verlag am Goetheanum, 2007.

Das Leben und Wirken Rudolf Steiners habe ich fort und fort in herzlicher Teilnahme verfolgt.
Albert Schweitzer (Selg, S. 11)

Paulus war ein Umhergetriebener; Steiner war das ebenfalls. Jener war ein Streiter; und dieser war auch ein Streiter.
Und wenn ich den Aufschrei des Paulus lese, er sei allen alles gewesen, um nur einige wenige aufzuwecken, dann sage ich mir: "Ja, ich verstehe das; denn ich habe Steiner gesehen."
Andrej Belyj (Selg, S. 15)

Als ich [...] Rudolf Steiner da oben auf dem Pult stehen sah, hatte ich die ganz merkwürdige Empfindung: dass ich zum ersten Mal einen Menschen sah! Es ist nicht leicht, diesen Eindruck zu umschreiben. Ich war vielen bekannten und berühmten Menschen begegnet, Professoren und bedeutenden Künstlern, hatte immer in Kreisen verkehrt, wo manches vor sich ging es war keine Philisterexistenz gewesen. Nun aber wurde mir deutlich: so ist der Mensch gemeint!
Ich fing an, mich selbst zu fragen: was soll das heißen, du hast doch schon viele Menschen gesehen was also soll das bedeuten? Da musste ich mir erstens sagen, es ist die ganze Haltung, wie er da steht; so steht man, wenn man wie ein Baum ist, der ganz frei zwischen Himmel und Erde wächst. Das hing nicht nur zusammen mit seiner geraden, aufrechten Gestalt, sondern vor allem mit seiner Kopfhaltung er schwebte zwischen Himmel und Erde. Das Zweite war etwas, das mich tief ergriff: die Stimme, die schöne, mächtige Stimme, die ich so erlebte: da werden Worte geboren, und sie bestehen weiter, auch wenn sie aus seinem Mund hervorgekommen sind. Und das Dritte waren die Gedanken. Die kann ich nicht immer verstehen, musste ich mir sagen, aber sie sind nicht nur zum Verstehen da, sie haben noch eine ganz andere Bedeutung. Wenn man vor den Professoren saß, handelte es sich immer darum, ob man alles verstand. Hier war es nicht das Wesentliche, ob ich "verstand"; es ging noch um anderes. Heute könnte ich von "Ideen" und "keimhaften Wirkungen" sprechen, aber das tat ich damals nicht. Nur dass es um andere Wirkungen ging, wusste ich.
Willem Zeylmans van Emmichoven (Selg, S. 24)

Das war das Größte und Wichtigste, was mir bis dahin im Leben begegnet war, und was zugleich so mit dem ganzen eigenen Wesen verbunden war, dass man sich gar nicht von dem Eindruck trennen konnte. Man lebte mit der Stimme, ihren Klängen und Rhythmen, der Gebärde, dem Gesichtsausdruck in einer solchen Intensität mit, dass man sich keine Frage stellte, man wusste nur: das, worin man jetzt lebt, ist ureigenste Heimat. Erst als der Vortrag zu Ende war, fragte man sich erschüttert: Was war geschehen? Ich verstand kein Wort von dem Gesagten, und doch habe ich im Zuhören so viel erlebt, als wenn ich alles verstanden hätte.
Assja Turgenieff (die ohne deutsche Sprachkenntnisse aus Russland gekommen war, Selg, S. 37)

Das war das Entscheidende und Ergreifende im Wirken wie in den Vorträgen Rudolf Steiners: es war nicht nur ein Reden über Anthroposophie, über geistige Wesen und Welten sie waren da, sie waren das Überzeugende, jenes Objektive, sodass aus der eigenen Seele des Zuhörenden, wenn er offen und selbstlos genug war, etwas vom verborgenen innersten Wesen antwortete: ja, das ist wahr, ich kenne es, es erwacht in mir, was ich immer gesucht habe, was aufwachen will, was ich mitgebracht habe aus einem vorirdischen Dasein.
René Maikowski (Selg, S. 41)

Nie zuvor noch nachher habe ich einen Menschen kennengelernt, der so bis in die letzte Faser seines Wesens hinein aufmerksam war, auf alles, was man zu sagen hatte.
Herbert Hahn (Selg, S. 52)

Der stärkste Eindruck, den man von diesen Gesprächen gewann, war die liebevolle Hingabe Rudolf Steiners und sein aufmerksames Hinhorchen auf die Menschen, die zu ihm kamen.
René Maikowski (Selg, S. 53)

Ich habe nie einen Menschen so aufmerksam beobachten sehen, wie er es konnte. Es war, als ob er ganz unbeweglich, aber selbstlos hingegeben den anderen sich selbst gleichsam noch einmal erschaffen ließe, in einem feinen Element der eigenen Seele, das er ihm zu diesem Zweck darbot. Es war kein Nachdenken über den anderen, sondern mehr ein inneres geistiges Nachbilden, in dem das ganze Werden des anderen offenbar werden konnte.
Friedrich Rittelmeyer (Selg, S. 53)

Bei [meinem] Gespräch hatte ich zu meinem Erstaunen die größte innere Freiheit erlebt, die ich je einem Menschen gegenüber empfunden habe. Und dabei stellte man sich doch vor, man komme zu Rudolf Steiner, dem großen Eingeweihten, der schaue durch einen hindurch, man stehe vollkommen durchsichtig vor ihm und erwartete eine große Befangenheit. Zu meinem Erstaunen war es genau umgekehrt: ich fühlte mich freier als je, wie aufgenommen in eine andere Welt, in der nur das Wesentliche zählt; in der das, was man sonst für wesentlich hält, als unwesentlich wegfällt.
Willem Zeylmans van Emmichoven (Selg, S. 54)

War man in seiner Nähe, so spürte man seine Güte, sein selbstloses Interesse, seine wache Anteilnahme an allem was ihn umgab. So konnte man sich [...] gesteigert, ermutigt und im Innersten bejaht fühlen, aufgerufen zum Tun.
René Maikowski (Selg, S. 56)

Ein ganz besonderer Zug in Rudolf Steiners Führung war die Sorgfalt, mit der er den Andern frei ließ. Nie empfand ich mich an einer bindenden Kette von Verpflichtungen, die den eigenen schöpferischen Willen unterdrückt hätten. Nie gab er eine weitere Weisung, außer wenn man im Streben oder Suchen an ein Hindernis kam, allein nicht weiterfand und um Hilfe fragte. Der eigene Strebenswille entfaltete sich in der harmonischen Übereinstimmung im Ziele: der Erkenntnis des Zieles, zu der er half, und des Willens zum Ziele, der in mir darauf antwortete. So erlebte man Rudolf Steiner als Hüter der Freiheit.
Maria Röschl-Lehrs (Selg, S. 59)